Slow Travel: Die Reise zu mir selbst.

Zeitreise: Schon 5 Wochen meiner Reise liegen hinter mir

Chintsa, Südafrika

Ich verlasse die Garden Route und blicke zufrieden und glücklich auf meine Erlebnisse der letzten Wochen. Darunter meine erste Autofahrt in Südafrika, vor der ich solche Angst hatte; Löwen und Elefanten, die ich während einer Sunrise-Safari im Addo Elephant Park gesehen habe und das Beobachten von Walen in Hermanus.

Und nun bin ich in Chintsa, ein Ort an der Wild Coast, wo die Küste am Ozean immer rauer und Städte immer leiser werden. Hier treffe Rike aus Deutschland. Genau wie ich befindet sie sich auf einem Solotrip, um sich selbst (wieder) zu finden und neue Wege zu wagen. Sie reist in die mir entgegengesetzte Richtung, sie kommt also gerade aus den Bergen und reist Richtung Kapstadt. Und während wir über die Dinge reden, die wir hinter uns gelassen haben, stellt sich heraus, dass sie erst kürzlich ein paar Tage auf einer Pferdefarm in den Drakensbergen gewesen ist. Mit spitzen Ohren und mit großen Augen hänge ich an ihren Lippen als sie von Ausritten zu Sonnenuntergängen und der wunderschönen Lage dieser Farm in den Bergen erzählt. In vier Tagen würde wieder ein mehrtägiger Ritt durch die Drakensberge nach Lesotho starten. Es hätte noch einen Platz geben, doch zeitlich war ihr das zu spät. Spätestens jetzt müssten mir die Augen aus meinem Kopf gefallen sein. Das ist meine Chance! Sofort nehme ich Kontakt mit der Farm auf und buche den letzten Platz. YES!

Khotso Lodge & Horsetrails

Vier Tage und 15 Autostunden später finde ich mich nun 1.554 Meter über dem Meeresspiegel auf der Farm in Underberg wieder. Genau so habe ich es mir vorgestellt. Eingebettet in die Ausläufer der Drakensberge und umgeben von großen Wiesen, auf denen Pferde grasen, liegt sie, die Farm, auch bekannt als Khotso Lodge & Horsetrails

Khotso Lodge & Horsetrails

Bei meiner Ankunft schaue ich mich voller Erwartung auf den Pferdekoppeln um und versuche bereits zu erahnen, mit welchem Pferd ich in den nächsten Tagen wohl Freundschaft schließen werde. Im Kaminraum treffe ich eine weitere Teilnehmerin des Wanderritts. Und während unseres Gesprächs taucht auch  Pupples auf, eine seeeehr verschmuste Katze, die sich zwischen uns auf das Sofa legt und sich so für die nächsten 30 Minuten ihre Streicheleinheit sichert. Ich schließe dieses süße Ding sofort in mein Herz.

Der Raum füllt sich nach und nach mit weiteren Teilnehmern, mit denen ich mich gemeinsam in das Abenteuer begeben werde. Wir sind eine europäische Mischung aus der Schweiz, Dänemark und Deutschland. Von blutigen Reitanfängern über Personen mit viel Erfahrung bis hin zu „Man wird mir nicht ansehen, dass ich nichts mit Pferden am Hut habe.“, ist jeder vertreten.

Gespannt lauschen wir den Worten des Ranch-Leiters, der uns beim Abendessen wichtige Anweisungen hinsichtlich des Reitens und des Packens unserer Satteltaschen gibt. Wir sollen wirklich nur das Nötigste einpacken, denn außer dem Gepäck müssen die Pferde schließlich auch noch unsere Körper über Berge und durch Täler tragen.


Also packe ich ein:

2 x Slip
1 x Ersatzoberteil
1 x Pulli
1 x Regenjacke
1 x Reisejournal
1 x Stift
1 x Shampoo
1 x Seife
1 x Zahnbürste
1 x Zahnpasta
1 x Kamera

Für drei Tage ganz schön bescheiden, wie ich finde…

Ich frage Robin nach seinem Packsystem, denn seine Satteltasche scheint im Gegensatz zu meiner nicht aus allen Nähten zu platzen. Seine Antwort verschlägt mir leicht die Sprache. Denn seine Tasche enthält lediglich:

1 x Zahnbürste
1 x Zahnpasta
1 x Regenjacke
1 x Regenhose

Ich bin hin- und hergerissen, ob ich mir jetzt…

1) … ein Beispiel an Robin, der schon seit Monaten auf Weltreise und somit sehr reiseerfahren ist, nehmen soll. Ich mein, echte Cowboys trugen bestimmt auch keine Wechselklamotten oder Kameras mit sich rum.

2) … denken soll „Krasser Typ! Das könnte ich nicht.“  

3) … mir eine Zwischenlösung überlege, die es mir erlaubt zumindest die Tasche zu zubekommen

Ich entscheide mich für Nummer 3 und packe folgendes wieder aus:

1 x Ersatzoberteil

Auf alles andere kann und möchte ich nicht verzichten…

Es geht endlich los! Nach dem Frühstück und einem Abschiedsgruß an Pupples fahren wir mit dem Jeep bis kurz vor die Grenze zu Lesotho. Ich bin gespannt, welches Pferd mir zugeteilt wird. Es ist die Stute Red Sea. Äußerlich passen wir beide schon mal gut zusammen, denn einige rote Haare habe ich auch. Mit der Kommunikation läuft es auch super bei uns. Es braucht kaum Worte. Wir haben schnell geklärt, wer in unserem Team welche Aufgabe übernimmt. Ich fühle mich schon jetzt verbunden mit der Stute, die ruhiger, sensibler und kluger Natur ist.
Oh Baby, it’s a match! 

Umso mehr freue ich mich auf drei Tage in unberührter Natur, Stille und darauf einfach nur zu sein. Schritt für Schritt und die Zügel in nur einer Hand haltend, reiten wir los. Unser Ziel? Ist mir eigentlich egal, denn ich bin hier, um den Moment zu genießen. Ich könnte drei Tage und länger durchreiten, so viel Zufriedenheit und Freude verspüre ich. Dennoch steuern wir eine Lodge in den Bergen Lesothos an. Es gibt dort weder Strom noch Elektrizität, doch erwarten uns kuschelige Betten, warme Duschen, ein Kaminfeuer und ein leckeres Abendessen. Erst mal nebensächlich für mich, doch werde auch ich mich zu einem späteren Zeitpunkt noch über dieses Angebot sehr freuen… Ich weiß es nur noch nicht.

Jetzt genieße ich erstmal die Entschleunigung, die Verbundenheit mit meinem Pferd, die Zugehörigkeit als ein Teil der Gruppe und der Natur sowie die Freiheit mich voll und ganz dem Moment hingeben zu können.

Mein Geist ist frei!

Was hier und jetzt zählt, sind nur die Bewegungen meines Körpers und die bewusste Wahrnehmung meiner Umgebung mit allen Sinnen, um mir und Red Sea immer den sichersten Weg in den natürlichen Gegebenheit der Berglandschaft zu bahnen.

Die freie Sicht in die Ferne lässt eine genaue Betrachtung der Landschaftsstruktur zu. Wir reiten über Felder, die sich in den Farben gelb und grün terrassenförmig an die Berghänge schmiegen. Die Schatten der Wolken, die sich nur knapp über unseren Köpfen befinden, ziehen gemächlich über die Bergkulisse Lesothos hinweg. Jede Wolke, die über mich hinweg zieht, kühlt meine Haut von der kräftig strahlenden Sonne. Ich war dem Himmel und den Wolken außerhalb eines Flugzeugs noch nie so nah. 

Drakensberge, Lesotho

Jetzt gibt uns der Guide ein Zeichen, das signalisiert „Tempo aufnehmen“. An die neue Gangart muss ich mich erst mal gewöhnen. Das Leichttraben (mit dem Gesäß auf und nieder – immer wieder) erleichtert es mir im Rhythmus zu bleiben und entlastet zudem den Rücken meines Pferdes. Die erste Beschleunigung haben alle Reiter gut gemeistert. Ich kann unseren ersten Galopp nun kaum mehr erwarten. Denn das muss sich im Königreich im Himmel, so wie Lesotho auch genannt wird, wie Fliegen anfühlen.

Auf den Gipfeln und über unseren Köpfen ziehen plötzlich dunkle Wolken auf. Blitze zucken am Horizont und mit grollendem Donner kündigt sich ein Unwetter an. Die dramatische Atmosphäre erinnert mich an die Autofahrt in den schottischen Highlands, nur mit dem einzig, kleinen Unterschied, dass ich dem Unwetter diesmal schutzlos ausgeliefert sein werde.
Gnadenlos schlägt uns plötzlich der Regen wie eine kalte Faust ins Gesicht. Die Pferde werden unruhig, weit und breit ist keine Zuflucht in Sicht. Wir beschleunigen und mit jedem Hagelkorn, der uns nun ins Gesicht schlägt, scheinen die Pferde immer schneller und schneller zu werden. Ich stelle mich jetzt in die Steigbügel, um den Widerständen des wilden Galopps zu entkommen und fange auf einmal an zu fliegen… Ich bemerke plötzlich, dass ich unglaublich Spaß habe. Mit jeder Schicht, die der Regen meine Kleidung durchdringt und mit jedem Kilometer pro Stunde, den wir zulegen, vertraue ich immer und immer mehr den Fähigkeiten meines Pferdes mich sicher durch diesen Sturm zu tragen und fange immer lauter an zu lachen. Und was ich insbesondere gerade empfinde, ist Freiheit, Verbundenheit und tiefes Vertrauen.
YEEEEEE HAAAAAAW!!!!! höre ich mich plötzlich aufschreien. Wie sehr habe ich dieses Gefühl herbeigesehnt… und jetzt ist es da. Allein für diese Magie hat es sich schon gelohnt alles hinter mir zu lassen. Es ist womöglich eines dieser „Once- in-a-life-time- Erlebnisse“ und so kraftvoll, dass ich mich 11 Monate später noch immer so sehr an dieses Gefühl zurück erinnere und es mich sofort mit Glück und Freude überflutet.

Auch der Regen hat mich komplett durchflutet. An eine Regenhose hatte ich im Gegensatz zu Robin nicht gedacht, weshalb ich mich sehr auf die Ankunft in der Lodge, auf eine warme Dusche und trockene Klamotten freue.

Nach dem Sturm kommt auch schon wieder die Sonne raus und so nutze ich die Gelegenheit Fotos zu machen. Robin ist mit seiner Turkey mein absolutes Lieblingsmotiv. Mit der Färbung seines Pferdes und der Bergkulisse im Hintergrund sieht er aus wie ein waschechter Cowboy.

Auf der Lodge 
Die Abende auf der Lodge verbringen wir mit typisch afrikanischem Essen wie z.B. Chakalaka, einer afrikanischen Würzsauce, und auch den südafrikanischen Sherry probiere ich. Da es keine Elektrizität gibt, dient uns eine Öllampe als Lichtquelle und Feuer zum Aufwärmen. Wir übernachten in typisch afrikanischen Rundhütten mit Strohdächern, die anscheinend nicht nur als Schutz dienen, sondern auch als Snack zwischendurch. Und auch die Hundewelpen vor Ort halten uns auf Trab und bringen Schwung in die Bude.

Auf der Lodge, Lesotho

So ziehen drei Tage schnell vorüber. Ich bin dankbar für stille & stürmische Momente und dafür, dass Red Sea mich sicher durch Berge, Bäche und den Sturm getragen hat.

Zurück auf der Pferdefarm in Underberg lasse ich dieses Abenteuer noch eine Weile in mir abklingen. Die anderen Teilnehmer reisen gleich am nächsten Tag ab, ich bleibe. Für wie lange, das weiß ich noch nicht genau. Ich genieße weiterhin die Freiheit jederzeit einen weiteren Ausritt machen zu können und genieße alles, was mich hier umgibt. Die Berglandschaft, die Tiere, Gespräche mit den an- und wiederabreisenden Gästen und besonders Pupples, die Katze, die noch immer unaufdringlich und charmant meine Nähe sucht: ob auf meinem Rücken ausruhend, auf meinem Bauch schlafend oder eingekuschelt in meinem Bett in voller Erwartung bis ich von meinem Morgenritt wieder kommen würde. Ein Aufenthalt auf dieser Farm ist eben nur was für echte Tierliebhaber.

Zurück auf der Farm in Underberg

Und so vergehen die Tage… Ein Auszug aus meinem Reisejournal spiegelt meine Stimmung in diesen Tagen wieder:

Mein Reisejournal

„Ich bin schon 6 Wochen unterwegs und es bleiben mir noch 5. Mehr als die Hälfte ist also schon um. Und die Farm fühlt sich einfach nur gut an. Ich möchte hier gar nicht mehr weg. Hier gibt es alles, was mein Herz begehrt. Pferde, Hunde, Katzen, Natur, Berge, nette Menschen. Ich überlege die ganze Zeit, ob ich mir sowas für eine längere Zeit vorstellen könnte. Puh, das weiß ich nicht… Ich denke, dass ich erstmal wieder woanders hin muss, um zu merken, was mir dann fehlt. So ist es ja meistens. Jetzt gerade denke ich, dass es eigentlich gar nicht mehr besser werden kann. Auf meiner Weiterreise würden mich noch Durban, St. Lucia, der Kruger Nationalpark und die Panoramaroute erwarten. Klingt spannend, doch den schönsten Ort Südafrikas habe ich schon gefunden. Und was heißt das jetzt? Soll ich vielleicht eine Pferdefarm eröffnen? :-D“

Die darauf folgenden Tage lasse ich meinen Gedanken weiter freien Lauf und beobachte, was genau diesen Ort so besonders für mich macht und, was derweil um mich herum und auch in mir passiert:

Tag ein, Tag aus. Gäste checken ein und wieder aus. Ich möchte noch bleiben.
Tag ein, Tag aus. Ich nehme mir ein Pferd und reite aus. Ich möchte noch bleiben.
Tag ein, Tag aus. Das Farm-Team fragt: „How was your day?“ Ich möchte noch bleiben.
Tag ein, Tag aus. Pupples kommt zum Kuscheln vorbei. Ich möchte noch bleiben.
Tag ein, Tag aus. Doch keiner fragt: „Wie sieht es eigentlich IN DIR aus?“

Ich verlasse die Farm.

Der letzte Ausritt bei Sonnenuntergang

Fazit:

Rückblickend betrachtet waren der Ritt durch die Berge und der Aufenthalt auf der Pferdefarm mein persönliches Highlight. Ich habe die Farm, mit allem was dazu gehört, sehr genossen und der Ritt in den Drakensbergen hat mir genau das Gefühl gegeben, das ich mir schon während meiner Reiseplanung herbeigesehnt habe. Ich wollte mich zugleich verbunden und frei fühlen. Beides in Kombination führte zu meinem persönlichen Wohlbefinden. Für mein Leben in Deutschland bedeutet es dafür zu sorgen bei allen Entscheidungen, die ich treffe, in Verbindung mit mir selbst zu sein, mich dabei frei zu fühlen und Verantwortung für meine Entscheidungen und die daraus folgenden Konsequenzen zu übernehmen. Ich habe verstanden, dass wir alle Künstler und Künstlerinnenn unseres Lebens sind und selbst entscheiden können wie wir es gestalten und was wir erleben möchten.
Denn in Wahrheit ist Freiheit ein selbstbestimmtes Leben zu führen. Es ist eine Entscheidung für sich selbst einzustehen, ein Prozess sich selbst und seine Bedürfnisse ernst zu nehmen und sich Konfetti ins Leben zu pusten. Dass mir Natur, Berge und Tiere so viel geben, war mir vor meiner Reise gar nicht so bewusst. Und so führte mich nach meiner Rückkehr mein nächster Reitausflug wieder in die Berge. 

Zwei Stunden lang ritten meine Schwester und ich durch die Wälder und Berge des schönen Sauerlands. Das war wohl die Einstimmung auf noch bevorstehende Abenteuer. Denn mein großer Wunsch ist es mal nach Island zu reisen, um Islandponys zu reiten und die magischen Polarlichter zu erleben….

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Coaching-Impulse:

Frag dich selbst mal unter welchen Bedingungen du dich am wohlsten fühlst...

Magst du viel Trubel oder genießt du die Stille? Magst du es, wenn viele Menschen um dich herum sind oder bevorzugst du den kleinen Kreis oder bist sogar am liebsten allein? Fährst du lieber in den Sommer- oder Winterurlaub? Bist du Morgenmuffel oder Frühaufsteher? Bist du digitaler Nomade oder Fan der analogen Welt (Bücher, Magazine, Zeitschriften)? Liebst du das Stadtleben oder fühlst du dich auf dem Land eigentlich viel wohler? Wärst du gerade lieber Single oder sehnst du dich nach einer Partnerschaft? Bist du gerne Angestellte(r) oder eigentlich eher der Typ für eine Selbstständigkeit? Oder beides? 😉

Auszeiten nehmen

Für mehr Klarheit hilft es oft sich einfach mal für ein paar Tage dem Hamsterrad zu entziehen. Gönn dir ein ganzes Wochenende nur für dich. Geh in den Wald, in die Berge, ans Meer oder erkunde eine neue Stadt und nimm als Begleitung deine Kamera mit. Fotografieren holt dich sofort ins Hier und Jetzt, weil deine volle Aufmerksamkeit gefragt ist. Meine besten Fotos und viele wertvolle Erkenntnisse entstehen, wenn ich alleine unterwegs bin und mir ausreichend Zeit nehme. Die Voraussetzung für ein gutes Foto ist aus meiner Erfahrung auch nicht das allerbeste Kameraequipment, sondern die Beobachtungsgabe des Menschen, der hinter der Kamera steht und, dass ihn das, was er oder sie sieht, bewegt.

Diese kleinen Auszeiten mit sich selbst nennt Julia Cameron, Autorin des Buches „der Weg des Künstlers“, übrigens „Künstlertreffs“. Das Buch kann ich sehr empfehlen, wenn du dich noch am Anfang deiner Reise der persönlichen Weiterentwicklung befindest.

Spielst du mit dem Gedanken dir eine berufliche Auszeit zu nehmen und möchtest Klarheit in Bezug auf deine Entscheidung gewinnen? Vielleicht geht es dir ja auch um was ganz anderes.

Lass uns gemeinsam herausfinden, um was es dir wirklich geht.

Mein Coaching-Angebot findest du hier: https://www.jacquelinehesse.de/angebot/

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